KRITIK AN DER AKTUELLEN SITUATION UND ESSAY ÜBER EINE NEUE SEEFRONT
BETRACHTUNGEN
Betrachtung 1: Zürich an der Limmat
Zürichs Gesicht ist hauptsächlich von mittelalterlichen Bauten an der Limmat geprägt, welche auch die Symbole der Stadt sind - das Bild von Zürich hängt von der Limmat ab. Obwohl die Stadt wesentlich grösser geworden ist und nun die drei Ufer des Sees integriert, hat Zürich es noch nicht geschafft, sich endgültig zum See hin zu öffnen: Zürichs repräsentatives Gesicht bleibt in der Limmat eingeschlossen. Das zeitgenössisches Bild Zürichs ist dasselbe wie vor 400 Jahren.
Betrachtung 2: Zürich am See
Der originale Bürkliplan schlägt für den General-Guisan-Quai eine repräsentative Fassade zum See hin vor, welche die Parade zum Thema macht. Dieser Plan wird nun von dem Roten und Weissen Schloss eingehalten. Beide sind aber hinter einem wilden Bewuchs versteckt, der die visuelle Verbindung der Front mit dem See trennt.
Durch die Stadtentwicklung des letzten Jahrhunderts sind noch zusätzliche Elemente wie die Zunahme des Verkehrs, das IBM Gebäude oder das Kongresshaus hinzugekommen.
Das von Bürkli geplante Bebauungssystem und diese Eingriffe, bilden ein chaotisches und heterogenes Bild des Seeufers, beziehungsweise der ganzen Stadt.
Betrachtung 3: General-Guisan-Quai
Mythen- und Uto-Quai sind zwei beliebte Fussgängerpromenaden. Beide sind deutlich definiert und zeigen einen vollendeten Charakter. Der General-Guisan-Quai jedoch hat problematische Stellen :
Betrachtung 4: Infrastruktur am Seeufer
Keine oder zu wenig Infrastruktur liegt direkt am Seeufer. Vor dem Umbau,war das Kongresshaus das einzige Gebäude, das sich volumetrisch und programmatisch auf den See bezogen hat. Das Restaurant, so wie die Grünfläche und die öffentliche Dachterrasse, waren zum See hin orientiert.
Betrachtung 5: Schiffe am Seeufer
Mehrere Schiffe stehen ungeordnet am Ufer und stören die Schwimmer am Arboretum als auch die Aussicht auf die Alpen vom General-Guisan-Quai aus. Das Seeufer ist mit mehreren Baracken verschandelt, die dem privaten und öffentlichen Seeverkehr dienen, aber den öffentlichen Raum optisch stören.
KRITIKEN
Kritik 1: Der Bürkliplan
Der Stadtplan von Bürkli dient noch immer als Vorlage für das Seeufer von Zürich. Dieser Plan ist aber veraltet. Am General-Guisan-Quai hat seither Verkehr und Lärm zugenommen. Nur das Rote und das Weisse Schloss folgen heute der Idee einer Paradefassade zum See, wie Bürkli es geplant hat. Anstatt einer Frontfassade für eine hypothetische Parade, wird das Seeufer von einer fünfspurigen lauten Strasse dominiert.
Wie gestaltet sich heute die Fassade von Zürich auf den See? Seltsam angeordnete Bäume und eine „Autobahn“, die zwei historizistische Bauten verstecken. Entspricht dieses Seeufer dem zeitgenössischen Gesicht, das Zürich der Welt zeigen möchte?
Kritik 2: General-Guisan-Quai
Er ist heute - anstatt eines Quais - eine Strasse mit undefiniertem Charakter. Ein von den Behörden organisierter Architekturwettbewerb sollte die Möglichkeit bieten, diesen zentralen Ort zu reorganisieren. Vom Kongresshauswettbewerb wurde nicht darauf hingewiesen, das Problem nach den oben genannten städtebaulichen Gesichtspunkten zu betrachten.
Kritik 3: Das vorgebackene Brot
Seit 2006 ist der Architekturwettbewerb für ein neues Kongresshaus entschieden. Bis 2009 soll die Projektplanung abgeschlossen sein, so dass noch im gleichen Jahr die notwendige Volksabstimmung stattfinden könnte. Wäre die Volksabstimmung nach drei Jahren Planung und einer Million Franken Planungskosten über einen fertigen Entwurf richtig? Wird das Volk nicht das Interesse verlieren? Wie kann man frei über ein vorgebackenes Brot wie das Moneo Kongresshaus abstimmen? Sollte eine Volksabstimmung, anstatt über den fertigen Teller, nicht über die Zutaten eines neuen Kongresshauses entscheiden?
Kritik 4: ein „private-private“ Kongresshaus?
Der Bau eines neuen Kongresshauses muss das öffentliche Interesse befriedigen: Nutzung und Form des Gebäudes sollten in erster Linie den öffentlichen Anliegen entsprechen.
Das Projekt von Moneo ist in sich geschlossen und schafft ein privates Objekt.
Eine Kooperation zwischen privaten Investoren und der Öffentlichkeit ist günstig, weil es ermöglicht einen grösseren Geldbetrag zusammen zu investieren, aber ihren Interessen sollen sie sich nicht gegenseitig einschränken.
Kritik 5: Grösser statt besser
Der Denkmalschutz eines Gebäudes, wie dem heutigen Kongresshaus, sollte berücksichtigt werden, wenn es dem zeitgenössischen Interesse entspricht. Der Abbruch des alten Kongresshauses kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn das neue Gebäude bessere architektonische und städtebauliche Aspekte enthält.
Darf das heutige Kongresshaus für ein Projekt abgerissen werden, das nur eine grössere Nutzfläche vorweisen kann?
Kritik 6: das Kibag Areal
Dieses Areal hat ähnliche Vorteile wie der General-Guisan-Quai: Seine Position am Wasser und die Infrastruktur der Roten Fabrik.
Der Ort hat aber mehrere Nachteile :
· Er ist weiter vom Zentrum entfernt und schlechter zugänglich als der General-Guisan-Quai.
· Die Stadt könnte an dieser Stelle nicht als nahe Infrastruktur für ein Kongresszentrum genutzt werden.
· Die Lage des Kongresszentrums auf dem Kibag Areal würde die Beziehung des Seeufers mit der Stadt nicht verbessern.
· Anstatt eines neuen Symbols von Zürich, würde an dieser Stelle ein neuer Anziehungspunkt entstehen, welcher die Urbanität Zürichs abschwächt.
· Die Topographie des Ortes würde kaum zukünftige Entwicklung erlauben.
·Einzweites Kongresshaus würde mit dem alten Kongresshaus konkurrieren. Die Dezentralität würde schlussendlich beiden schaden.
LÖSUNG
Der General-Guisan-Quai ist für das Kongresshaus ein erstklassiger Standort. Der Blick auf den See und die Berge, sowie die Zentralität, sind wesentliche Qualitäten, die Zürich seinen Einwohnern und Gästen bieten kann. Die Lage ist ideal für ein repräsentatives Gebäude, das Zürich eine neue Aura verleiht.
Die gegenwärtige Situation am Quai ist aber suboptimal und auch ein neues Kongresszentrum an der Stelle des Alten könnte ihn nicht reorganisieren.
Zürich braucht eine neue Seefront, welche die Beziehung der Stadt mit dem See endlich klärt und den General-Guisan-Quai als städtische Strasse definiert. Eine neue Baufront würde eine Fussgängerpromenade zwischen Mythen- und Uto-Quai schaffen.
Zürich braucht ein neues Kongresshaus, welches das Alte nicht zerstört, sondern aufwertet.
Städtebau
Die neue Seefront wird auf die heutige Grenze des Quais gebaut. Die davor liegende 12 Meter breite Promenade, wird die Seegrenze neu definieren. Ein 40 Meter langer Platz befindet sich gegenüber dem neuen Kongresshaus. Die neue Seefront wird durch einzelne Volumen gebildet. Die Typologie dieser Gebäude entfernt weder die General-Guisan-Strasse vom Ufer, noch versperrt sie den Zugang zum See. Eine starke Permeabilität der Stadt zum See wird erhalten.
Eine leichte Fussgängerbrücke verbindet den Uto-Quai mit dem neuen Platz. Ihre grosszügige Breite ermöglicht eine öffentliche Nutzung. Die Quai-Brücke bleibt eine Verkehrsverbindung. Die Fussgängerbrücke ermöglicht eine Promenade direkt am See, die von Lärm und Abgasen der Autos getrennt ist. Die Brücke wird ein wesentlicher Anteil der neuen Ansicht von Zürich.
Vor der Nationalbank schafft die neue Baufront einen Platz, der durch zwei Gebäude räumlich begrenzt ist. Dieser Platz bildet einen Knotenpunkt zwischen Wasser-, Fussgänger- und Strassenverkehr.
Ein hohes Gebäude, welches als wesentlicher, städtebaulicher Körper betrachtet wird, dient als als Ausstellungsraum des Kongresshauses. Gegenüber befinden sich in einem weiteren Gebäude neue Büros, welche heute ihren Sitz in mehreren Baracken um das Seeufer haben.
Neben dem Arboretum, welches in der neuen Seefront integriert ist, hat es ein Gebäude, das
eine Verbindung des Arboretums mit der neuen Baufront schafft. Seine besondere Qualität sind seine Fassaden in Ausrichtung zu den ganz unterschiedlichen städtischen Situationen: Strasse, Park und See. Dieser spezielle Ort ermöglicht zahlreiche Nutzungen, wie Gewerbe, Büros und Wohnungen. Daneben und gegenüber des IBM-Gebäudes wird das Hotel des Kongresshaus stehen. Seine besondere Lage zwischen General-Guisan-Strasse und dem See wird die inneren Nutzungen aufwerten. In dem Seehotel sind Seminar- und Konferenzräume des Kongresshaus eingerichtet.
Kongresshaus
Das neues Kongresshaus ist das neue Symbol von Zürich, das die Stadt definitiv zum See hin öffnet.
Der Körper des neuen Kongresshauses ist aus zwei Volumen zusammengesetzt. Die Kontur des unteren Volumen folgt der neuen Frontlinie. Der Rücksprung gegenüber dem Platz des alten Kongresshauses verbindet die zwei Gebäude und erweitert den Empfangsbereich des Kongresszentrums. Dieser Dialog wird auch den Platz vor dem alten Kongresshaus neu definieren.
Das obere Volumen ist wesentlich grösser und ragt über auf den See hinaus. Die deutliche Auskragung schafft einen gedeckten Platz direkt am See. Dieser Platz, geschützt vor Regen und Sonne, ermöglicht eine öffentliche Nutzung des Ortes und wertet das Kongresshaus auf. Neben der Nutzung durch ein Café, dient er für Veranstaltungen oder Ausstellungen.
Die Aussenfassade des oberen Volumens ist zum See geöffnet. Auf den drei Stadtseiten ermöglichen Medienfassaden mehrere Motive, welche die Bedeutung des Gebäudes zeigen und schaffen eine prägnante Beziehung zur Stadt. Das Kongresshaus wird somit ein Fenster zum See und ein Leuchtturm für Zürich.
Umgebung
Das Programm des Kongresszentrums wird auf die gesamte neue Baufront am See verteilt. Durch diesen Verzicht auf ein dominantes Volumen, kann die Vielfalt der Umgebung aufgenommen werden. Diese Teilung ermöglicht zudem eine flexiblere Nutzung der Räume, und integriert die Seepromenade und ihre Umgebung in das Programm des Kongresszentrums.
Das alte und das neue Kongressgebäude werden unterirdisch verbunden. Unter dem Seeplatz entsteht das neue Auditorium.
Unteres Volumen
Das untere Volumen des Kongresshauses wird vertikal halbiert. Die Erweiterung des Platzes vor dem heutigen Gebäude schafft eine räumliche Verbindung mit dem alten Kongresshaus.
Im Erdgeschoss befindet sich das Foyer. Eine gewisse Transparenz erlaubt eine Beziehung zwischen dem Platz des alten und dem Platz des neuen Kongresshauses. Auf der zweiten Ebene, liegt der erste Ausstellungsraum des Kongresshauses. Das Hauptfoyer und der Ausstellungsraum haben den selben architektonischen Charakter und ermöglichen ein als Ausstellungsfoyer benutzbaren Raum.
Das zweite Volumen enthält im Erdgeschoss öffentliche Gewerberäume an der Strassenseite und ein Restaurant an der Seeseite. Die zwei weiteren Geschosse beherbergen die Verwaltung des Kongresshauses.
Oberes Volumen
Das obere Volumen ist den wichtigsten Räumen des Kongresshaus gewidmet. Auf der ersten Ebene des Körpers befinden sich der Grosse und der Kleine Saal. Der Grosse Saal ist zum See hin orientiert, der Kleine zur Stadt. Beide können verbunden werden, um einen einzigen Raum zu schaffen. Auf der Stadtseite liegen zudem die Seminarräume, auf der obersten Ebene findet man neben weiteren Seminarräumen, den Ausstellungsraum und ein zur Altstadt hin orientiertes Panoramarestaurant.
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